Am Wochenende hat es zwar ein bisschen Schnee gegeben in den Tessiner Berge, aber der ist schon fast ganz wieder abgeschmolzen. So machen wir uns am 9. Februar 2022 gleich nochmals auf gen Süden. Unsere Wanderung starten wir in Loco im Onsernonetal. Von dort steigen wir auf einem Maultierweg ohne nennenswerte Steigung hinauf zum Passo della Garina. Schon morgens ist es recht warm und praktisch windstill, sodass Pauls Handschuhe und Mütze heute im Rücksack bleiben. Gleich nach dem Pass hat der Nordwind der letzten Tage einen kleinen Hohlweg dermassen mit Buchenlaub gefüllt, dass ich gleich ganz darin verschwinde. Ich muss mich auf die Hinterbeine stellen, um wenigsten den Kopf über diese Raschelzeugs heben zu können. Zum Glück ist es nur eine kurze Passage, die ich dann in grossen Sprüngen überwinde. Das Buchenlaub bleibt uns allerdings bis hinunter zum Ri di Dentro unangenehm erhalten. Der Weg ist dort im Abstieg nämlich dicht mit Laub bedeckt, und da die ehemals vorhandenen Granitstufen grossmehrheitlich abgerutscht sind und als schräge Platten herumliegen, ist es vor allem für Paul gar kein Spass, und er muss in diesem steilen Gelände aufpassen wie ein Häftlimacher, dass er nicht dauernd ausrutscht. Ab dem Bachtobel folgt nun aber ein sehr schöner Aufstieg – bis I Bóll auf gutem Weg – der uns nun immer steiler hinauf nach Piano di Sopra führt. Gelegentlich liegt ein Schüümli Neuschnee auf dem Weg, das uns aber nicht weiter stört. Bis zum Puncio hinauf wird es nun nochmals steiler und dank des dürren Grases auch ohne Schnee etwas rutschig. Auf diesem kleinen Gipfel treffen wir zwei Einheimische, die dort grad ihr Zmittag verzehren. Es sollen die einzigen Wandersleute bleiben, die wir heute treffen. Wir laufen aber gleich weiter in Richtung Madone. Jetzt wird es doch noch knifflig, denn hier im Schlussaufstieg liegt doch noch knüppelharter Altschnee, teils mit etwas Neuschnee bedeckt. Ohne seine Grödel käme Paul da unmöglich ohne Lebensgefahr hoch und auch so ist es ab und zu etwas haarig. Belohnt werden wir auf dem Gipfel des Madone mit einer schönen und klaren Fernsicht und Temperaturen, die man so in dieser Jahreszeit nicht erwarten würde. So machen wir ausnahmsweise mal eine etwas ausgiebigere Gipfelrast und versuchen uns anschliessen gleich noch am Pizzo Peloso, der praktisch schneefrei zu erreichen wäre. Allerdings sind da dermassen steile Planggen voller rutschigem dürren Gras zu queren, dass Paul nach der Kraxelei am Madone keine Lust auf noch mehr Abenteuer hat und wir wieder umdrehen. Und dann geschieht es! Das wovor sich Paul schon immer gefürchtet hat: eine Schlange (im Februar!) erwischt mich am Fuss. Es ist wohl nur ein 'Streifschuss', dennoch mag ich den linken Hinterlauf nicht mehr aufsetzen und das Bein schwillt langsam aber sicher an. Weil aber die typische Bisswunde nicht sichtbar ist, kommt Paul nicht darauf, was denn mit mir jetzt los ist. Nun ist natürlich guter Rat teuer, sind wir doch noch gut und gerne auf 1800 Meter oben. Erst humple ich auf drei Beinen noch weiter – was bergab ganz gut geht – doch spätestens auf dieser schönen Terrasse Pino, mag ich definitiv nicht mehr weiter laufen. Paul bastelt aus seiner Weste und der Leine eine Trage und schnallt mir auf seine Schultern. Das geht aber nicht lange gut, und ich rutsche so ganz langsam ab. Nun steckt mich Paul Füdli voran in seinen ausgeleerten Rucksack, stopft das Ganze aus mit seinen warmen Kleidern und hängt sich den restlichen Rucksackinhalt vorne um. So geht es nun ganz gut, und ich lasse mich bis hinunter ins Dorf tragen, wo wir in bereits einsetzender Dämmerung ankommen. Ich bin schliesslich froh, mich endlich in meine kuschelige Hundebox legen zu können. Abgesehen vom Schlangen-Malheur ist die heutige Route aber sensationelle und das Wetter schon fast frühlingshaft!
Glück im Unglück, meint die Tierärztin! Ich komme wohl mit einem blauen Auge und ohne bleibenden Schäden davon!