Erneut verspricht der Wetterbericht einen herrlichen Herbsttag. So machen wir uns am 27. Oktober 2022 noch einmal auf in die Tessiner Leventina. Wie schon im Juni 2020 starten wir unsere Wanderung in Predèlp oberhalb Faido. Obwohl wir heute etwas später als gewohnt abmarschieren, passt das Timing, denn schon nach 10 Minuten laufen wir in der Sonne. Auf guter Fahrstrasse erreichen wir bald schon Somprei, wo wir den Wanderweg in Richtung Passo Predèlp einschlagen. Den verlassen wir aber bald schon, um einen aufgegebenen Wanderweg zu nehmen, der direkt zu den Laghi di Chièra hoch führt. Der Weg ist nicht immer gut sichtbar und wird offenbar kaum mehr begangen. Oft sind wir froh um die fast vollständig verblassten Markierungen. Nach Stabbio di Vitelli entscheiden wir uns, den Le Pipe direkt anzupeilen. Wir steigen steil und weglos an, sehen dann aber auf ca. 2430 Meter, dass der Direktanstieg für uns zu stotzig ist. So folgen wir einem Schafpfad, der uns nur wenig nördlich des Punktes 2533 über die Laghi di Chièra bringt. Auf dieser Seite ist der Le Pipe weniger steil, dafür arg verblockt. Dennoch erreichen wir den Gipfel ohne grössere Schwierigkeiten. Mit dem Anstieg auf den Pizzo del Sole sieht es dann aber anders aus. Wir folgen dem blockigen Grat, verlassen diesen gelegentlich links oder rechts, krasmen und springen hohe Stufen hinauf, bis wir schliesslich den grosszügigen Gipfel erreichen. Die Sicht ist herrlich klar, kein Wölkchen am Himmel und auch keine Menschenseele weit und breit sichtbar. Wir geniessen die tolle Aussicht und machen uns schliesslich wieder an den Abstieg. Diesmal finden wir eine bessere Route und kommen schliesslich wohlbehalten wieder in der kleinen Senke zwischen Le Pipe und Pizzo del Sole an. Nun suchen wir uns einen Weg durch das Block- und Felsspaltengewirr bis hinunter zur Bassa di Söu. Unterwegs helfen uns ein paar Steinmännchen eine gute Linie zu finden. Der Einstieg in die Bassa di Söu ist ebenfalls mit einem Steinmännchen markiert. Anfangs recht stotzig, leitet er auf einen deutlich sichtbaren Schafpfad, der uns südlich um den Uomo del Prüch herumleitet. Sobald das Gelände etwas abflacht, verschwindet der Pfad gelegentlich, findet sich aber in steilen Gegenden immer wieder. So umrunden wir in teils steilsten Hängen die Alpe Sasso Jei bis wir südlich des All'Uomo wieder auf einen Wanderweg treffen, der uns zurück nach Predèlp leitet. Wir sind an diesem Tag mehr auf Schafpfaden oder gar ganz weglos unterwegs als auf Wanderwegen und kommen entsprechend etwas langsamer als gewohnt vorwärts. Aber das spielt an diesem fantastischen Herbsttag überhaupt keine Rolle, möchte man doch einfach weiterlaufen, solange die Sonne scheint. Aber anstrengender als das Gehen auf gutem Wanderweg ist es halt schon...