Die Bocchetta di Pianca Geneura steht schon lange auf Pauls Wander-Wunschliste. Am 21. August 2024 nehmen wir sie endlich in Angriff. Wir starten frühmorgens – es ist noch gar nicht so richtig hell - in Landarenca im Calancatal und steigen auf zumindest im ersten Teil bekanntem Weg der Alpe Piöv di Fuori entgegen. Kurz bevor wir sie erreichen, geht auf der anderen Talseite die Sonne über dem Piz di Groven auf. Für den Rest des Tages laufen wir nun mehr oder weniger im Sonnenschein, es ist nämlich ein herrlicher und warmer Tag auf der Alpensüdseite. Piöv di Fuori ist mit Ziegen und Schweinen bestossen und – und wohl gegen die Wölfe – massiv eingezäunt. Nun steigen wir ein ins Val del Galbines, der Bocchetta di Pianca Geneura entgegen. Ab der Alp nimmt die Qualität des Weges deutlich ab. Man findet ihn aber immer gut, wenn auch die obersten 200 Höhenmeter des Passüberganges auf der Bündner und mehr noch auf der Tessiner Seite ziemlich lotterig sind. Auf der Passhöhe machen wir eine ausgedehnte Ruhepause. Ich bin ja auch nicht mehr die Jüngste und schätze es, wenn ich mich zwischendurch mal hinlegen und ausruhen kann. Obwohl wir so früh losmarschiert sind, stimmt das Timing, denn das nun folgende Valle d’Osogna liegt bereits im Sonnenlicht. Nur gerade an den engsten Stellen dieses teilweise doch recht tief eingeschnittenen Tales, kommt die Sonne höchstens am Abend noch hin. Nun machen wir uns an die über 2100 Höhenmeter Abstieg hinunter in die Tessiner Riviera. Wie gesagt, ist der Weg erst mal noch etwas lotterig. Danach treffen wir aber durchgehend nur noch auf gute und sauber geputzte Wege bis hinunter nach Osogna. Auf der Alpe d’Örz besichtigen wir noch kurz die dortige Unterkunft – einfach, aber mit allem Nötigem ausgerüstet. Bis Pira hinunter zeigt sich das Valle d’Osogna in typischer Tessiner Manier: Steilstufe folgt auf kleine Alpen. Ab Pira treffen wir nun auf ein Rustico nach dem anderen. Es ist grad Mittag und überall riecht es nach Essen, denn die meisten Rustici sind jetzt im Sommer bei diesem schönen Wetter belegt. Bei Merisciolo finden sich im Bach tolle Bassins, gut zugänglich und zum Baden einladend. Aber mit all den Leuten auf den Terrassen ihrer Rustici hier hat Paul keine Lust zu verweilen. Unterhalb von Scign wird der Weg nur ausgesprochen interessant. Hier kann man Tessiner Wegbaukunst in höchster Vollendung erleben! Der Weg steigt in eine enge Schlucht ab, teilweise sind breite Treppen an fast senkrechten Wänden aufgetürmt. Man muss schon fast schwindelfrei sein, um diese Treppen zu begehen, fällt doch die Wand ohne Geländer neben der Treppe oft senkrecht ab. Unglaublich, was die Altvordern hier einst geleistet haben, um diese kleinen Alpen im oberen Tal zu erschliessen! Nachdem man den Bach ein zweites Mal gequert hat, wird das Tal nun wieder leicht breiter und der Weg weniger spektakulär. Wir eilen im Sauseschritt hinunter nach Osogna, und erreichen grad knapp noch den angepeilten Bus. Zum Schluss wird’s dann doch recht warm, und wir sind froh, im Wald laufen zu können. Ausserdem finden sich unterwegs immer mal wieder Bäche und Brunnen, in denen ich mich abkühlen kann. Das war jetzt schon ein sehr happiger Abstieg, technisch nicht besonders anspruchsvoll, aber lang und mit vielen, vielen Höhenmeter, dafür aber ausgesprochen interessant. Das Valle d’Osogna hat uns in seiner Pracht überrascht und ausnehmend gut gefallen!