Obwohl es auf der Alpensüdseite in letzter Zeit mehr Schnee gegeben hat als bei uns, fahren wir am 27. März 2025 dennoch ins Maggiatal. Die steilen, nach Südwesten ausgerichteten Hänge dort sollten ja wohl schneefrei sein. Wir starten in Gordevio, und steigen via In Cortasgéll da Brïèe nach Al Montásc hinauf. Obwohl kein offizieller Wanderweg, ist der Weg in gutem Zustand und leicht zu finden. Wie fast zu erwarten, steigen wir erst mal viele Stufen an, bis das Gelände etwas weniger steil wird. Zwar sind wir heute viel im Wald unterwegs, aber weil der noch nicht belaubt ist, verwöhnt uns dennoch die Sonne. Der Wind geht kaum, nur weiter oben macht sich der Nordföhn leicht bemerkbar. Dennoch bin ich froh, dass ich frisch geschoren bin. Bei Al Montásc suchen wir erst mal den alten Weg, der nach In Corói hinüber führen soll. Dieser Weg (und ebenfalls die Fortsetzung hinauf nach Aiarlo) ist auf der Swisstopo-Karte schon lange nicht mehr eingezeichnet, wohingegen die OpenStreetMap ihn immer noch zeigt. Ein paar Steinmännchen machen uns dann auf die Wegspur aufmerksam, der wir nun unschwierig bis nach In Corói hinüber folgen. Gleich oberhalb des Maiensäss zweigt ein ebenfalls gut sichtbarer Pfad ab, der nach Aiarlo hinauf führt. Aber zuerst machen wir hier eine Pause und Paul stellt mit schrecken fest, dass es auf mir nur so wimmelt von Zecken! Zum Glück bin ich kurz geschoren, so dass er fast alle noch rechtzeitig ablesen kann, und ich nur ganz wenige mit nach Hause nehme. Die Zeckenplage wird uns noch auf der ganzen weiteren Tour begleiten, wenn auch nie mehr so schlimm wie auf dem letzten Abschnitt. Das nächste Stück der Wanderung ersorgt Paul ein wenig, denn er erinnert sich noch, wie wir im Oktober 2018 uns da mühsamst durchgekämpft haben, als wir damals von Ronchini her kommend nach Aiarlo aufgestiegen sind. Aber heute ist alles anders: Das Kraut ist noch nicht in die Höhe geschossen, und wir finden den recht ordentlichen Weg ohne Probleme. Zumindest bis wir die Felsstufe überwunden haben, denn danach verlieren wir ihn erst mal. Hier ist der Hang allerdings deutlich weniger steil, so dass man auch einfach irgendwo durchlaufen kann, um Aiarlo Al Motón zu erreichen. Dennoch ist es anstrengend, durch das dicht liegende dürre Gras zu waten, so dass wir schliesslich froh sind, die hier deutlich weniger ausgeprägte Wegspur dank eines Steinmännchens doch wieder zu finden. Oberhalb von Aiarlo Al Motón kommen wir nun schlagartig in den Schnee, der pfludiweich bis auf den Grund ist. Im Anstieg hinauf nach Aiarlo di Dentro ist zumindest für mich kaum ein Vorankommen möglich, so dass wir in die stark besonnte und deshalb schneefreie Südwestflanke ausweichen. Wir folgen einem Wildwechsel und erreichen so relativ mühelos den schönen Aussichtspunkt 1523 südlich von Aiarlo di Dentro. Aber hinüber zur Alp können wir dem hier recht mächtig liegenden Schnee nicht mehr ausweichen. Es ist ein Krampf! Mehr schwimmend als gehend und mich von einem schneefreien Fleckchen zum nächsten hangelnd, erreiche ich schliesslich die Alpgebäude. Paul sinkt teilweise bis zur Hüfte ein und kommt mit pflotschnassen Hosenstössen und Füssen erschöpft ebenfalls an. Zwar waren das nur 200 Meter, die haben uns aber ziemlich Kraft gekostet. Zum Glück liegt auf dem Wanderweg hinunter nach La Mèla kein Schnee mehr, so dass der Abstieg wenigstens diesbezüglich problemlos möglich ist. Dieser Weg ist hingegen teilweise recht schlecht sichtbar, die Markierungen helfen allerdings weiter. Nach La Mèla – wir haben noch ein bisschen Kraft – verlassen wir den Wanderweg und steigen auf praktisch nicht mehr sichtbarem Weg hinauf nach Al Brunescín. Der Weiterweg bis A Brünèsg ist dann zum Glück wieder deutlicher erkennbar. Die Fortsetzung ins kleine Tal östlich von A Brünèsg finden wir allerdings erst mal nicht. Wir wechseln von Wildspur zu Wildspur, bis wir schliesslich auf ein paar überwachsene Wegbauten stossen und somit den alten Weg finden. Dem folgen wir nun in immer steilerem Gelände in ein kleines Tobel hinein. Den Bach überqueren wir noch problemlos, aber kurz danach kommen zwei nur ganz kurze Stellen, wo Paul am liebsten umdrehen würde. In extrem steilem Hang sollen hier zwei kleine Runse traversiert werden. Aber die Spur ist kaum fussbreit und von Buchenlaub bedeckt, so dass er nicht sieht, worauf er hier tritt und ob er den Weg überhaupt trifft. Würde er hier ausrutschen, bräuchte er sich dann auch keine Gedanken darüber zu machen, ob das Handy nach dem unweigerlichen Absturz auch zerdätsch wäre, denn einen Notruf bräuchte er dann nicht mehr abzusetzen. Nur was würde dann aus mir? Zum Glück – wenn auch mit Gagg in der Hose – überwindet er diese für ihn gefährlichen - aber für mich völlig unproblematischen - Passagen, und wir erreichen beim von Pizzitt herunter führenden Rücken einen guten Weg, dem wir nun problemlos bis Al Flècc folgen, wo wir auf einen bekannten Wanderweg stossen. Diesem – unterhalb von In Arc'èsg wiederum auf vielen, vielen Stufen – folgen wir nun zurück nach Gordevio. Auf der ganzen Tour treffen wir keine Menschenseele an. Nur bei n Arc'èsg werkelt einer an seinem Rustico herum. Hingegen sehen wir auch diesmal wieder etliche Gämsen. Eine sehr schöne Frühlingstour - teils anstrengend, teils etwas abenteuerlich - bei herrlichem Frühlingswetter!