Eigentlich will Paul ja unsere Etappenwanderung vom nördlichsten zum südlichsten Grenzstein der Schweiz noch in diesem Jahr zu Ende führen. Doch der Sommer ist bereits passé und die Zeit läuft uns so langsam davon. Damit wir doch noch eine Chance haben, verbringen wir 24. bis 26. September 2023 auf der Alpensüdseite und laufen von den Monti-Savorù nach Maglio di Colla.
Am 1. Tag starten wir selbstverständlich dort, wo wir am 11. August aufgehört haben, nämlich an der Bergstation der Funivia Pizzo di Claro auf den Monti-Savorù. Ungewohnt, dass wir erst mal ins Tal absteigen, aber genau das machen wir. Auf gutem Weg mit angenehmem Gefälle, schlendern wir talwärts bis hinunter nach Lumino. Das Wetter ist prächtig und nun auch gar nicht mehr so unangenehm warm. Ausserdem bin ich ja auch frisch geschoren, so dass ich heute fit wie ein Turnschuh bin. Wegen der Hochjagd lässt mich Paul aber nicht so herumstöbern, wie ich das gerne täte. Von Lumino aus steigen wir gleich wieder gen Dro Alt an. Hier geht wohl kaum noch jemand durch, obwohl der Weg immer noch ein offizieller Wanderweg ist. Gelegentlich müssen wir uns unter umgestürzten Kastanienbäumen durchzwängen und bleiben dabei unangenehm an Brombeerranken hängen. Der Abstieg hinunter nach S. Vittore ist dann steil! Viele Granitstufen haben hier die Altvordern angebracht. Im Tal unten angekommen, steigen wir erneut an, diesmal etwas langweilig auf der Strasse, die wir dann aber gelegentlich verlassen, und uns erst auf einer Fahrstrasse mühelos fortbewegen, uns dann aber weglos durchs Gebüsch schlagen, bis wir schliesslich wieder einen Wanderweg erreichen, der uns hinunter zu unserem Tagesziel Roveredo führt.
Am 2. Tag ist es schön kühl morgens, als wir in Roveredo loslaufen. Der Aufstieg im Val Traversagna ist bis nach Mont de Frascoscela unspektakulär, läuft man doch hauptsächlich im Wald und viel auf Fahrstrassen oder zumindest gutem Trassee. Danach wir es so langsam interessanten – wir kommen nun auch immer mehr in die Sonne – und ab Prodlò so richtig schön. Die Gegend hier um den Corno di Gesero herum gefällt uns schon sehr. Vor der Alpe di Cardinello kehren wir in den Kanton Tessin zurück, den wir gestern gleich nach Lumino doch noch mal verlassen haben. Die Alpe di Cardinello ist doch tatsächlich noch bestossen! Eine kleine Mutterkuhgruppe Hochlandrinder versperrt uns den Weg, als wir etwas abkürzen wollen. Schleunigst kehren wir zum Wanderweg zurück. Auf der Alpe di Gesero dasselbe. Auf dieser grossen Alp sind die Hochlandrinder allerdings weit verstreut in kleinen Gruppen unterwegs, so dass wir im Zickzack über die Alp marschieren, immer bedacht keinem jungen Rind zu nahe zu kommen. Der Abstieg über den Dosso di Carena ist dann wieder steil, wie man es im Tessin kennt. Zur Gesero-Gegend kehren wir sicher bald mal wieder zurück. Da gäbe es doch noch das eine oder andere zu entdecken.
Am 3. Tag laufen wir ab Carena auf guter Fahrstrasse erst mal weiter ins Valle Morobbia hinein. Nach nur wenigen 100 Metern könnte man bei Fontana Marcia ins Tobel der Morobbia absteigen, um dann auf der anderen Talseite via Monti di Pisciarotto und Alpe Poltrinetto den zur Alpe di Poltrinone hoch führenden Wanderweg zu erreichen. Aber einerseits ist heute noch der letzte Tag der Tessiner Hochjagd, so dass Paul die offiziellen Wanderwege nur ungern verlässt, und andererseits tut doch so ein gemütliches Einlaufen ohne jede Anstrengung ganz gut, bevor es dann zur Sache geht. So bleiben wir auf der Fahrstrasse, verlassen sie erst bei Forno und steigen dann via Alpe Pisciarotto hinauf zur Alpe di Poltrinone. Kurz vor dieser Alp kommen wir endlich aus dem Wald in eine wunderschöne und recht weitläufige Alpgegend. Hier begegnen uns zwei Jäger. Es soll die einzige Begegnung bleiben heute. Wir umrunden nun das obere Valmaggina und erreichen so die Alpe Revolti. Aus den Hängen nördlich der Italienischen Grenze beschallen uns die Hirsche mit liebestollem Röhren. Ein Glück, dass sie nicht alle der Flinte der Jäger zum Opfer gefallen sind! Der Schlussaufstieg zur Bocchetta di Revolte ist zwar stotzig, der Weg aber gut ausgearbeitet und sichtbar. Hier oben betreten wir wieder mal den Truppenübungsplatz von Isone. Heute ist hier aber nichts los. Der hintere Talboden des Val di Serdena ist eh noch bestossen, und solange die Kühe hier weiden, werden die Grenis wohl nicht herumballern – hoffen wir wenigstens. Aber bis zum Talboden steigen wir gar nicht ab, sondern traversieren hinüber zum Passo di Pazzaiolo, wo wir den Waffenplatz wieder verlassen und ins Val Colla wechseln. Den Abstieg über den nach Colla hinunter führenden Rücken kennen wir schon von diversen anderen Touren. In Colla ist aber noch nicht Schluss, sondern wir steigen auf einem alten Säumerweg noch weiter ab bis Maglio di Colla. Heute lief es mir nicht so gut und am Ziel angelangt tut mir alles weh. Eigentlich wollte Paul ja morgen noch weiter laufen, aber er will mir jetzt erst mal Ruhe gönnen. Das Tessin läuft uns ja hoffentlich nicht davon.